Bestechend stechend: Die Katholiken

(c) Silas Becks/Studio Stuttgart

Jetzt ist die Kirche schon so verzweifelt, dass sie meint, mit pseudocoolen Aktionen Leute zumindest einmal ins Gebäude locken zu müssen, so wie mit einer Kletterwand im Stephansdom zur Maturasegnung (nach dem 2022er Zoomsegen) oder einem Escape Room im Linzer Dom.

Es ist im wahrsten Sinne bestechend, was sich dieses Mal die Katholischen haben einfallen lassen, und ich kann mir gut vorstellen, wie diese hochmoderne, hippe und überraschende Idee entstanden ist.

Da saßen also ein paar Marketingexperten zusammen, erkannten, dass immer mehr Mitglieder aus dem Verein, der sie mit Werbeaufträgen finanziert, austreten, und somit die Basis für zukünftige glänzende Geschäfte wegfällt.

“Da müssen wir etwas tun, Tattoos sind ja voll in bei den jungen Leuten, machen wir also eine voll coole Aktion mit allen, die das wollen.” Schreiben wir gleich mal etwas.


APA-OTS
Aviso: Gib dir ein Zeichen. Katholische Tattoo-Aktion im Quo vadis?

Christopher Paul Campbell, Leiter im Quo vadis?, sagt über die Tattoo-Aktion: „Es geht darum, die Zeichen ernst zu nehmen, die Menschen sich selbst geben. Die Geschichten hinter den Tätowierungen wahrzunehmen, den Glauben in allen Dingen zu finden. Wir wollen eine katholische Perspektive auf die Tätowierung mitgestalten, die nicht auf Verbot und Ablehnung, sondern auf Freundlichkeit und Augenhöhe basiert. Daher sehen wir die Tätowierung im Zusammenhang mit der tiefen Spiritualität der christlichen Religion.“

schreibt APA-OTS

Und so ist es dann geschehen, die Presse reisst sich mittlerweile darum:


Heute
Kreuzstich am Stephansplatz: Kostenlose Kirchen-Tattoos

Im Rahmen des Free Tattoo Walk-in können Gäste aus christlichen Motiven auswählen und sich diese direkt vor Ort von dem renommierten Tattoo-Artist Silas Becks aus Stuttgart stechen lassen. Voraussetzung ist die Volljährigkeit, Interessenten müssen einen Ausweis mit dabei haben. 

schreibt Heute

Kurier
Ein Kreuz am Körper: Kostenlose katholische Tattoo-Aktion in Wien

Jesus am Unterarm oder ein Kreuz am Bein – klassische Tattoo-Motive sehen wahrlich anders aus. Und dennoch spielen Tattoos auch im Glauben eine große Rolle, sagt Christopher Paul Campebell, Leiter von “Quo vadis?”, der Österreichischen Ordensgemeinschaft.

schreibt der Kurier

ORF
Kostenlose Peckerln: Katholische Tattoos in Wien

Silas Becks/Studio Stuttgart

Neben der Jerusalemer Pilgertätowierung und ihrer jahrhundertealten Tradition spielt die Tätowierung in vielen Teilen des Christentums eine Rolle – etwa bei den Kopten in Ägypten und den eritreischen Christinnen und Christen. In Pilgerstätten in Jerusalem, in Loretto und Santiago de Compostela finden sich immer wieder Franziskaner oder Kapuziner in Verbindung mit der Tätowierung. 

schreibt der ORF

Süddeutsche Zeitung
Unser tägliches Tattoo gib uns heute

Foto: Cesare Purini/imago/Insidefoto

Fisch am Arm? Kreuz aufm Wadl? Katholische Körperkunst gibt es in Österreich jetzt kostenlos. Aber nur an “christlichen Körperteilen”.

schreibt die Süddeutsche Zeitung

k-digital Medien GmbH & Co KG
Tattoo-Aktion am 15.4.: Hier gibt’s kostenlose katholische Peckerl

James Owen/Unsplash

Tätowierer Silas Becks sei selbst überzeugter Katholik, der schon seit Jahren christliche Tattoo-Aktionen durchführt. Er hoffe, so den Menschen zu helfen, “ihr persönliches Zeugnis und die öffentliche Bekundung ihres Glaubens zu fördern”, heißt es.

schreibt k-digital

Nordbayern
Katholische Kirche verschenkt kostenlose Tattoos – aber nur fünf Motive

© Debbie Hill

Auch wenn Papst Hadrian I. die Tattookunst im achten Jahrhundert untersagte, so habe das Tattoo im Christentum eine jahrhundertealte Tradition. Campbell hat selbst bereits ein Buch darüber geschrieben. Nun gehe es darum, christliche Konzepte fürs Tätowieren zu erarbeiten. “Etwa wie Zeichen in der Trauerseelsorge eingesetzt werden können”, sagt Campbell.

schreibt Nordbayern

Sonntagsblatt
Tätowierer sticht in Wien kostenlos katholische Tattoos – auf “christliche Körperteile”

Tätowiert würden jedoch nur “christliche Körperteile”: “Wir machen keine Tattoos am Hintern”, so der Ordens-Leiter augenzwinkernd. Die Organisatoren rechnen damit, um die 40 Personen bedienen zu können.

schreibt das Sonntagsblatt

WTF? Nur christliche Körperteile? Da kontert die Süddeutsche gleich einmal:

Wie bitte, ein Hintern ist nicht christlich? Wenn Gott den Menschen nach seinem Ebenbild erschuf, hat der Allmächtige dann etwa keinen Allerwertesten? Und sollten all die Klatschmagazine irren, die stets von Jennifer Lopez’ divine booty, ihrem göttlichen Hintern, schreiben? Vielleicht soll mit der Regel aber auch nur verhindert werden, dass ein ästhetisch fragwürdiges Franziskanerkreuz im Leistenbereich zu ungewollter Empfängnisverhütung führt. Das kann nun wirklich nicht im Sinne der katholischen Kirche sein.

schreibt die Süddeutsche.
CC0/Canva

Und sicherlich noch mehr, aber ich will ja nicht langweilen. Ein Zeichen setzen, so heisst die Kampagne – so ein Bullshit. Und der Ramsch-Charakter der Aktion wird von der Struktur “ist gratis, aber nur das, was wir anbieten” noch unterstrichen.

Liebe Katholiken, was sagt eigentlich Euer Buch dazu, jenes, welches aus dem Vorwort (Altes Testament) und dem Nachwort (Neues Testament) besteht, und wo sich jeder dazwischen seine Wahrheit sucht?

Was sagt also der Rabbi, der, der sich mit dem Vorwort gut auskennt?

»Tatsächlich ist die Tätowierung sogar ausdrücklich in der Tora und nicht nur durch die Weisen verboten worden. Es heißt nämlich ›und eingeätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen‹ (3. Moses 19, 28)«. Daher ist das Tätowieren eine Sünde.

Prof. Dr. Strauß

Shit. Und der Bischof von Rom, traditionell für das Nachwort zuständig?

»787 n. Chr. wurden Tätowierungen durch Papst Hadrian I. in dem Konzil von Calcuth in Northumberland als heidnische Bräuche aus dem Kulturkreis des Christentums verbannt.« Daher ist das Tätowieren eine Sünde.

Prof. Dr. Strauß

Doppelshit, und nun? Weitermachen, was schert Euch Eure eigene Lehrmeinung, nicht wahr?

Wer tiefer in die Materie einsteigen will, dem sei übrigens die Webseite von Thomas Sembt empfohlen, auf der Prof. Strauß einige wirklich lesenswerte Blog-Beiträge geschrieben hat. Thomas Sembt schrieb mir dazu Folgendes:

…mit großer Freude habe ich via Pingback festgestellt, dass Sie aus einem Blog-Beitrag von meiner Website DocTattooentfernung.com und Text-Passagen von Prof. Dr. Strauß in Ihrem Beitrag https://humanisten.at/bestechend-stechend-die-katholiken/ zitieren.

Auch ein Backlink wurde von Ihnen dankenswerter Weise gesetzt. Doch leider ist es nicht ganz richtig, dass es sich hierbei um die Webseite von Herrn Prof. Dr. Strauß handelt, sondern Herr Professor einige wirklich lesenswerte Blog-Beiträge in meinem Auftrag formuliert hat.

Aus diesem Grund würde ich mich sehr freuen, wenn Sie dies in Ihrem Beitrag etwas umformulieren und korrigieren. Ferner möchte ich gerne vermeiden, dass Herr Prof. Dr. Strauß mit daraus eventuell abgeleiteten Anfragen zu einer Tattooentfernung belästigt werden könnte, oder ich in Erklärungsnot gerate, warum Herr Prof. Dr. kein Mediziner oder Laser-Spezialist ist.

Bei Fragen oder Anregungen stehe ich Ihnen jeder Zeit und gerne zur Verfügung.

https://doc-tattooentfernung.com/

Das habe ich nun gerne geändert, und verweise noch einmal auf die seine Seite, und weise darauf hin, dass Prof. Strauß die Professur für Kommunikation und Medien an der Hochschule für Kommunikation und Gestaltung in Stuttgart inne hat.

Zurück zur katholischen Stecherei: Andere christliche Symbole sind ja auch sehr heikel, gell?

Regenbogen? Nach der Sintflut erschuf Gott laut Vorwort den Regenbogen als Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen, 1. Mose 8,22. Nicht auszudenken, der müsste ja sofort wegen der grassierenden LGBTIQ+-Phobie mit Weihwasser abgewischt werden, wenn es denn so leicht ginge. Fisch oder Lamm? Ach nein, zu unvegan. Brot und Wein? Geht nicht, wegen der Glutenunverträglichkeit, und Alkoholiker wollen wir ja auch nicht.

Sehr bestechend, die Auswahl.


Aber auch die Evangelen tragen Tattoos, und wenn sie in Notsituationen sind, dann machen sie den Oberkörper frei und schauen sich auf den Rücken.

Da ist Platz genug!

Der evangelische Vikar Sascha Ebner aus Coburg

Und predigen danach in völlig leeren Kirchen, wie uns das Video lehrt.

Hier ein Kinospot aus dem Jahr 1998 von der evangelischen Kirche:

Ich bleibe mal am Ball, für die Berichterstattung…

Autor

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9 Antworts

  1. Herbert Bachmaier sagt:

    Kletterwand im Stephansdom? Das glaube ich jetzt aber wirklich nicht. Das kann nur Fake sein. Wenn nicht, dann kann einem die KK ob ihrer Hilflosigkeit echt (fast) leid tun. Ach was, ich pilgere jetzt gleich mal demutsvoll in den Dom und bete drei Vaterunser, auf das es ihr bald wieder besser gehen möge. Der Grundgütige wird mich doch erhören, oder etwa nicht?

  2. Martin Schoell sagt:

    Also bitte, der Jesus auf dem Rücken ist doch ganz toll, ich würde ihn nur gerne bei athletischen Übungen sehen wie Jesus da sein Gesicht verzieht und wir Humanisten würden ein Video machen und das ins Netz geben!

  3. Eva Nowatschek sagt:

    Der alte Wiener Stephansdom ist ein nach außen hin prächtiges Gebäude. Man konnte die Kinderschreie nicht nach außen hören, vermutlich weil das Gemäuer zu dick und die Täter den wehrlosen Kindern noch zu mächtig erschienen sind.

    Laien müssen verstehen lernen, dass unserer Justiz trotz der extremen Verbrechen der katholischen Kirche an unzähligen Kindern erlaubt ist, sich selbst täterdienliche Richter zu verstehen.

    Deswegen hat die kath. Kirche so extrem viele Pädokriminelle, da die innerhalb der kath.Kirche ständigen und ungehindert Zugriff auf wehrlose Kinder haben und wenn sie einmal erwischt werden, sich sicher sein konnten und können, dass sie der jeweilige Papst vor der Justiz beschützt und sie wieder ungehindert ihre Verbrechen an wehrlosen Kindern weiter verüben dürfen.

    Eva Nowatschek
    US-amerikanischen Netzwerk
    SNAP (Survivors Network of those abused by Priests – Netzwerk der Überlebenden von Missbrauch durch Priester)

  4. Mathias Holweg sagt:

    Der Dompfarrer hat ja auch die letzte Ölung durch die letzte Genspritze ersetzt. Folgt jetzt die letzte Kletterwand?

  5. Klaus Bernd sagt:

    Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, wird Papst Franziskus, zeitnah nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, das Tattooverbot aufheben, ja sogar EX KATHEDRA in eine Tattoopflicht umkehren. Obligatorisches Motiv wird eine der erbaulichen Illustrationen aus https://blut-christi.de/blut-christi-rosenkranz/ : das wo Christus nach allen Regeln der Zimmermannskunst ans Kreuz genagelt wird. Vorgeschriebener Ort ist über dem Herzen; wo auch sonst. Ein schön blutiges Herz Jesu kann beliebig in die Darstellung eingebaut werden.
    Für zusätzliche Tattoos werden weitere Motive zugelassen (auch an anderen Körperstellen – die obige Kritik wurde, wie ich höre – von der Kurie dankbar aufgenommen). Zugelassen werden vorerst:
    – Kruzifixe natürlich; wo immer Platz dafür ist
    – Krippenszenen; aber nur die schön kitschigen; also kein Windelwechseln o.ä.
    – Blut- und Wasserfall, der aus der rechten Seite hinabstürzt; aber schön dramatisch
    -3-Königsszenen; wurden auf Intervention aus Köln zugelassen
    – ein Fisch auf dem Rücken.

  6. Judäa sagt:

    Cooles Tattoo Studio. Es gibt ja viele religiöse Symbole, die viele Menschen als Tattoo tragen. Ob Maori Tattoo als ganze Geschichte einer Person, oder simples Kruzifix. Manche wollen ihre Zugehörigkeit auch zeigen.

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