Die Flüchtlingsfrage aus Sicht der Humanisten

Im Scheinwerfer der Medien steht der Fall der 12-jährigen Tina, die mit ihrer Mutter und jüngeren Schwester von der Fremdenpolizei am Donnerstag, 28.01.21, nach Georgien abgeschoben wurde. Österreich war ohne Zweifel ihr Lebensmittelpunkt. Ihre Schulkollegen sprechen sich im Zuge einer Online-Petition gegen die Abschiebung aus und verweisen auf ihre gute Integration und die Hochphase der Pandemie.

Im ORF wurde die Misere rund um das sympathische Mädchen, das in Österreich geboren wurde, ausführlich besprochen. In der Sendung “Orientierung” (Woran soll man sich orientieren?) kamen zivile Unterstützer und diverse Vertreter von zumeist kirchlichen Hilfsorganisationen zu Wort. Ärgerlich daran ist die Tatsache, dass dabei der unausgesprochene Vorwurf im Raum steht, dass sich nicht-christliche Organisationen kaum um Flüchtlinge kümmern. Ärgerlich ist für atheistisch geprägte Menschen, dass sie als weniger hilfsbereit dastehen, während Barmherzigkeit (lat. caritas) als typisch christlich hingestellt wird.

Aus säkular-humanistischer Sicht ist die christliche Hilfsbereitschaft ethisch sogar weniger hoch einzustufen, weil sie ja nicht wirklich selbstlos ist und bei der Kirche damit ein gigantischer Kollateralnutzen verbunden ist. Während das Image der Kirche(n) seit vielen Jahren am unteren Ende der Skala siecht, möbeln die Caritas und die Diakonie das Kirchen-Image wieder zu einem brauchbaren Wert auf.

Dabei wird aber nicht dazugesagt, dass diese Organisationen von der Kirche selbst fast gar keine Unterstützung erhalten, sondern, dass der Staat und die Allgemeinheit die Rechnung bezahlen. Die Kirche und die Organisation Caritas beziehen ihre Substanz aus der Schwungmasse historischer Machtstellungen, die in einer unfassbar großen Infrastruktur von rund 10.000 Immobilien mündet. Unterm Strich ist die Hilfeleistung für die Kirche ein Geschäft, weil alle anderen Optionen zur Imageverbesserung sehr viel teurer wären, zumal viele Teile der Kirche permanent auf der anderen Seite an der konstanten Imageverschlechterung arbeiten.

Wir säkularen Humanisten würden auch gerne eine Hilfestellung leisten, wenigstens ideell, indem man entsprechende Stellungnahmen abgibt und die gut integrierten Flüchtlinge wie Tina aus ihrer rechtlichen Isolation holt. Das ist aber in der heutigen Medienlandschaft schwer. Letztes Jahr haben wir hohe Beträge ausgegeben, um via APA unsere Stellungnahmen zu verbreiten, doch der Erfolg war bescheiden. Trotz hoher Anstrengungen und Kosten waren kaum Artikel erschienen.

Vielleicht würde sich die Situation ändern, wenn alle Mitglieder eifrig an den Kampagnen mitarbeiten und sich entsprechend in der Presse bemerkbar machen. Dazu rufe ich gerne auf. Wir werden in nächster Zeit bei Aktionen gesondert dazu aufrufen und versuchen eine konzertierte Aktivität dazu zu starten. Weiters möchten wir gerne von den Mitgliedern wissen, ob wir nach ihrer Meinung zu dem komplexen Thema Stellung beziehen, denn wir haben schon oft darüber diskutiert, dass wir als Säkulare an einem hohen Religionsimport weniger interessiert sind. Als Humanisten können wir aber das eine vom anderen trennen.
Bitte um Reaktionen und Rückmeldungen zu dem Thema!

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