Nachruf auf Gerhard Rampp

Foto: Evelin Frerk

Am vergangenen Samstag ist Gerhard Rampp, seit 1982 Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg, im Alter von 73 Jahren verstorben.

Sein Tod traf Freunde und Angehörige ebenso unerwartet wie die humanistischen und säkularen Organisationen und Akteure, an deren Entstehung und Wirken er maßgeblich beteiligt war – darunter insbesondere

  • die Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die er 1980/81 mit aufgebaut und anschließend 19 Jahre lang als Präsidiumsmitglied geleitet hat,
  • die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), der er als Beiratsmitglied und Stifter angehörte,
  • der Humanistische Pressedienst (hpd),
  • der Alibri-Verlag, dessen Mitbegründer und Mitarbeiter er war, sowie
  • die Zeitschrift MIZ, für die er vor allem die Internationale Rundschau betreute.

Gerhard war ein wirklich toller und engagierter Mensch.


Die DGHS schreibt:

Gerhard Rampp ist tot. Wer ihn in der letzten Zeit erlebte, kann es kaum glauben. So lebendig wirkte dieser Ausnahmemensch noch in seinen letzten Wochen. Umso größer ist die Trauer um ihn.

Gerhard Rampp war ein Ausnahmemensch, sowohl durch sein enormes Wissen als auch durch seine Fähigkeiten als Autor, Redakteur und Organisator. Die Sicherheit, mit der er Details die Geschichte der europäischen Aufklärung, der Kirchengeschichte und nicht zuletzt der Geschichte der DGHS im Kopf hatte und in geschliffener Rede vortragen konnte, war selbst für einen Gymnasiallehrer mit den Fächern Geschichte, Französisch und Ethik stupend. Kein Gespräch mit ihm, bei dem man sich nicht umfassend und erhellend belehrt fühlte. Seinen Argumenten war nicht leicht etwas entgegenzusetzen, aber ihm lag es fern, sich über andere zu erheben. Als Redakteur war er in mehreren Zeitschriften für die Themenkreise Kirche, Kirchenfinanzen und Bioethik zuständig und trug als Autor von Rundfunkendungen und Buchbeiträgen zu aktuellen Debatten wie denen zum Ethikunterricht und zum Schwangerschaftsabbruch bei. Als Autor verband er Sachkenntnis und Sachlichkeit mit Zielgenauigkeit der kritischen Stoßrichtung und bewies auf diese Weise seine Loyalität gegenüber der französischen Aufklärung, die er auch Literaturwissenschaftler über alles schätzte. Daneben war er ein höchst erfolgreicher Organisator, zunächst innerhalb des Bundes für Geistesfreiheit Bayern, später im Rahmen des eigenständigen Bundes für Geistesfreiheit Augsburg, deren Vorsitz er seit 1982 innehatte. Dass dessen Mitgliederzahl von ursprünglich 54 auf gegenwärtig 2100 angewachsen ist, ist wesentlich sein Verdienst.

Mit Gerhard Rampp verliert die Bewegung für ein selbstbestimmtes Sterben einen ihrer unermüdlichsten und verlässlichsten Mitstreiter. In der DGHS war Gerhard Rampp als eines ihrer Gründungsmitglieder von Anfang dabei. Insgesamt 19 Jahre lang war er als Präsidiumsmitglied aktiv, zunächst als Schatzmeister, von 2006 bis 2012 als Vizepräsident. Danach engagierte er sich für die DGHS als Ansprechpartner für Augsburg und als Delegierter und wirkte beratend bei vielen Entscheidungen des Präsidiums mit. 


Die gbs schreibt:

Gerhard Rampp ist tot. Der langjährige Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg und Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung starb am vergangenen Samstag im Alter von 73 Jahren.

Ein Nachruf von Michael Schmidt-Salomon.

Gerhard Rampp war zweifellos einer der ungewöhnlichsten Menschen, die ich jemals getroffen habe. Seine fast übermenschliche Merkfähigkeit gepaart mit hoher Intelligenz, einer ausgewiesenen Schalkhaftigkeit und einem nicht immer sozial angepassten Verhalten machten ihn gewissermaßen zum “König der Nerds”. Stiftungsintern erlaubten wir uns den Spaß, die Abweichung vom statistischen Mittelmaß in Rampp-Einheiten zu bemessen, wobei in unseren Studien kaum jemand einen Score von über 0,7 Rampp erreicht hat.

Als Gerhard von unserer Rampp-Skala erfuhr, war er nicht etwa erbost, er lehnte sich vielmehr mit breitem Grinsen zurück, verschränkte die Arme vor dem Bauch und sagte: “Ja, mei…” Natürlich war ihm klar, dass er “irgendwie anders” war. Das wusste er schon als Kind. Die Dinge, für die sich andere interessierten, ließen ihn kalt. Sein Faible galt der Mathematik, der Logik und der Geschichte. Und so verwundert es nicht, dass Gerhards “Lieblingssport” Schach war, wo er schon in jungen Jahren wahre Meisterschaft erlangte und viele Turniere gewann.

Typisch für ihn war die ramppineske Studienwahl, die er nach dem Abitur traf. Denn Gerhard studierte nicht etwa Mathematik, Statistik oder Geschichte, sondern die beiden Fächer, in denen er die meisten Defizite hatte, nämlich Deutsch und Französisch. Für Gerhard war dies die “normalste Entscheidung der Welt”, denn er wollte “im Studium noch etwas hinzulernen”, wie er mir einmal erklärte. Also wurde Gerhard Gymnasiallehrer für Deutsch und Französisch (und später auch Ethik) in Augsburg. Ich hätte gerne Mäuschen in einer seiner Unterrichtsstunden gespielt, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie Gerhard pubertierenden Jugendlichen die Feinheiten der Lyrik Heines oder Brechts näherbringt. (Dem Vernehmen nach soll dies aber erstaunlich gut geklappt haben.)

Kennengelernt habe ich Gerhard in den 1990er Jahren beim Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA). Zu diesem Zeitpunkt war er bereits langjähriger Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg, einer alteingesessenen, in den 1970ern allerdings stark überalterten Organisation, der Gerhard zusammen mit anderen jüngeren Mitstreitern neues Leben einhauchte. Maßgeblich beteiligt war er ab 1980 auch am Aufbau der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die nicht zufällig ihre Zentrale lange Zeit in Augsburg hatte und als erste deutsche Organisation, die sich konsequent für Selbstbestimmung am Lebensende einsetzte, bundesweit für Aufsehen sorgte.

In die Redaktion der IBKA-Zeitschrift MIZ (Materialien und Informationen zur Zeit) ist Gerhard ebenfalls 1980 eingetreten. Dort betreute er über Jahrzehnte hinweg die Rubrik “Internationale Rundschau” – eine wahre Fundgrube für die religionspolitischen Entwicklungen der letzten 40 Jahre nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Ansonsten betätigte sich Gerhard im säkularen Spektrum vor allem als “Großmeister der Zahlen”. Lange bevor sich Carsten Frerk diesen Themen widmete, war Gerhard Rampp derjenige, der die finanzielle Verflechtung von Staat und Kirche analysierte und auf den zunehmenden Säkularisierungstrend in der Gesellschaft hinwies. Die Zahlenkolonnen, die er aus dem Stehgreif zitieren konnte, um seine Argumente zu stützen, haben mich immer wieder verblüfft. 30 Jahre lang haben mich diese spontanen, zahlengespickten Kurzreferate, die ich gerne als “Ramppinaden” bezeichnete, begleitet – wobei ich zugeben muss, dass Gerhards Beiträge ebenso faszinierend wie gefürchtet waren, denn wenn er erst einmal dem “Rausch der Zahlen” verfallen war, konnte man ihn schwerlich noch stoppen.

Nach der Gründung der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) 2004 hat sich Gerhard selbstverständlich in der gbs engagiert, deren Beirat er wenig später wurde. Und er sorgte dafür, dass gbs-Gründer Herbert Steffen (nach Karlheinz Deschner, Franz Buggle und Norbert Hoerster) 2012 mit dem “Ludwig-Feuerbach-Preis” ausgezeichnet wurde – eine Ehrung, die Herbert sehr viel mehr bewegte als das Bundesverdienstkreuz, das er 1994 aus den Händen von Rainer Brüderle erhalten hatte. Die Verleihung des Ludwig-Feuerbach-Preises an Gerhard Czermak im November 2023 war dann auch der letzte öffentliche Auftritt, bei dem das Publikum die Rampp’schen Eigenheiten bestaunen konnte: Angeregt durch das musikalische Begleitprogramm kam ihm plötzlich in den Sinn, aus dem Stehgreif ein fünfminütiges Kurzreferat zur Geschichte der französischen Blockflötenmusik zu halten. (Dass er sich auch auf diesem sehr speziellen Gebiet als Experte erwies, hat niemanden von uns mehr gewundert…)

Wir alle haben in den letzten Jahrzehnten sehr von Gerhards Wissen und Engagement profitiert. Für viele Themen, die wir in den vergangenen 20 Jahren angegangen sind, hat er schon in den 1980er und 1990er Jahren wichtige Vorarbeiten geleistet – von der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen über die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts bis hin zur Etablierung eines “Rechts auf Letzte Hilfe”. Dabei hat Gerhard die Giordano-Bruno-Stiftung nicht nur ideell, sondern auch finanziell als Mitglied des gbs-Stifterkreises unterstützt. Beim Treffen des Stifterkreises Ende März 2024 in Oberwesel habe ich ihn das letzte Mal gesehen. Damals, vor zwei Monaten, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass sein spontanes Kurzreferat zur empirischen Entwicklung der Religionsverteilung in Deutschland, in dessen Genuss wir am Ende des Treffens kamen, die allerletzte “Ramppinade” sein würde, die ich jemals hören würde. Im Grunde kann ich es mir noch immer nicht vorstellen, denn Gerhard war so selbstverständlich an unserer Seite, dass es abwegig erscheint, dass er nie wieder an unserer Seite sein wird.

Am vergangenen Wochenende wollte Gerhard eigentlich am gbs-Stiftungstreffen in Oberwesel teilnehmen, doch am Mittwoch erreichte uns ein Anruf seiner engen Vertrauten Heidi Jovanovic, die uns mitteilte, dass Gerhard einen Schwächeanfall erlitten hatte und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Am Freitag verschlechterte sich sein Gesundheitszustand in dramatischer Weise, es kam zu multiplem Organversagen, in dessen Folge Gerhard das Bewusstsein verlor und nicht wieder erwachte.

Obwohl wir wussten, dass Gerhard schon seit Längerem an Diabetes erkrankt war und ärztliche Anweisungen gerne ignorierte, kam sein Tod am Samstag unerwartet. Vor allem für die Mitglieder des bfg Augsburg, dessen Weg Gerhard 40 Jahre maßgeblich bestimmt hat, ist sein plötzlicher Tod ein Schock, der erst einmal verarbeitet werden muss. Auch wir haben daran zu knapsen. Denn Gerhard hinterlässt nicht nur als säkularer Aktivist, sondern auch als Mensch eine Lücke, die kaum zu füllen ist. Wir alle haben ihn außerordentlich geschätzt – nicht nur als brillanten Denker und gewitzten Strategen, als phänomenalen Zahlenakrobaten und Gedächtniskünstler, sondern auch als der wunderbar schräge Vogel, der er war, und als der er uns für immer in Erinnerung bleiben wird…

Der hpd schließt sich dem Nachruf an.


Der bfg Augsburg schreibt:

Der bfg Augsburg trauert um Gerhard Rampp (1950 – 2024)

Am vergangenen Samstag starb Gerhard Rampp, der seit 1982 Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg war, im Alter von 73 Jahren. Sein Ableben traf den bfg Augsburg ebenso wie seine Freunde und Angehörigen und die humanistischen und säkularen Organisationen und Akteure, an deren Entstehen und Wirken er maßgeblich beteiligt war, unerwartet – unter ihnen insbesondere die Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die er 1980/81 mit aufgebaut und danach 19 Jahre als Präsidiumsmitglied geleitet hatte, die Giordano Bruno Stiftung, der er als Beirat und Stifter angehörte, und der Alibri-Verlag, dessen Mitbegründer und Mitarbeiter er war sowie der Humanistische Pressedienst und die Zeitschrift MIZ, für die er vor allem die Internationale Rundschau betreute.

Bis zu einem Schwächeanfall mit Atemnot, der zu seiner Krankenhauseinlieferung führte, war Gerhard Rampp am letzten Mittwoch im Augsburger bfg-Zentrum tätig. Kolleginnen brachten ihn von dort in die Notaufnahme und noch in der gleichen Nacht wurde er am Herzen operiert. Nachdem er am Donnerstag noch mit Kolleginnen, Kollegen und Freunden telefonieren konnte, verschlechterte sich am Freitag sein Gesundheitszustand dramatisch. Es kam zu multiplem Organversagen, in dessen Folge er das Bewusstsein verlor, nicht wieder erwachte und in der Samstagnacht im Beisein seiner Schwester und einer langjährigen Vertrauten und Freundin verstarb. Wir sind natürlich alle sehr traurig und noch mitgenommen.

Wir werden Gerhard vermissen – seinen unbändigen, laufend erweiterten und geschickt für die ihm und uns als bfg am Herzen liegenden Belange ausgewerteten Wissensschatz, seinen scharfen Intellekt, sein sagenhaftes Gedächtnis, sein klares analytisches Denken, die Kraft und das Talent, mit denen er den bfg Augsburg geführt und säkularen Anliegen Gehör verschafft hat, aber auch, was ihn als Mensch und anregenden Gesprächspartner kennzeichnete: seine Originalität, seinen einzigartigen Humor und Schalk, seine raffinierte Ironie und Schlagfertigkeit und sein Vermögen, Denkanstöße zu liefern.

Die nächsten Tage müssen wir viel organisieren und sehen wie es weitergeht. Weiteres zur Würdigung, Trauerfeier und Beerdigung folgen.

Der Vorstand


Autor

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1 Response

  1. Assunta Tammelleo hat im Namen des Vorstandes des Bundes für Geistesfreiheit München (bfg München) einen sehr persönlichen Nachruf auf Gerhard Rampp geschrieben, den der hpd an dieser Stelle veröffentlicht.

    Es ist wohl über 35 Jahre her, dass der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) unter dem Vorsitz seines Gründers Frank L. Schütte eine Auswahl an Mitgliedern und Aktivisten zu einer Sitzung nach Berlin geladen hatte. Eine überschaubare Anzahl engagierter und bekennender Gottloser sollte und wollte festlegen, wer alles dabei ist im weiteren, doch hoffentlich kämpferischen Einsatz für die Trennung von Staat und Kirche. Es ging nicht wirklich um die Reinheit einer Lehre, doch im Wesentlichen darum, ob der Freiburger Bund gegen Anpassung um den Verlagsinhaber, Autor und Psychoanalytiker Fritz Erik Hoevels überhaupt der Großfamilie der organisierten Atheisten angehören darf.

    Illustrer hätte die Runde der streitbaren Diskutanten kaum sein können. Am großen Tisch trafen sich unter anderem Vertreter des Libertären Forums Aschaffenburg, des IBKA Berlin, des Bundes gegen Anpassung und Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit aus Bayern. Uns gottlosen Neulingen vom bfg München – Wolf Steinberger und mir – ist ein gutbürgerlich aussehender Mann mittleren Alters besonders aufgefallen; vor allen Dingen auch deshalb, weil man ihn anhand der Vortragsart und -weise (seiner nicht wenigen Redebeiträge) unschwer dem Berufsstand der Lehrer zuordnen konnte, und weil sein bürgerliches Äußeres zu den seinerzeit eher hippie-schlurfig gewandeten übrigen Protagonisten nicht so recht passen wollte. Wahrscheinlich war es vorrangig seinem wortgewaltigen Einsatz zu verdanken, dass man den Bund gegen Anpassung als gleichrangigen säkularen Partner dann nicht in den Kreis des säkularen Aktionsbündnisses aufnehmen wollte.

    Gerhard Rampp war Anfang der 1980er Jahre Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) und wohl zeitgleich bereits Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit Augsburg; ein Amt, das er ohne Unterbrechung die kommenden 42 Jahre behalten sollte. Von Beruf war er Lehrer für Deutsch, Französisch und Ethik an einem Augsburger Gymnasium. Im Ehrenamt daneben seit Ende der 80er Jahre beständiges Redaktionsmitglied der säkularen Vierteljahreszeitschrift Materialien und Informationen zur Zeit (MIZ), im Vorstand der von ihm mit gegründeten DGHS noch fast 20 Jahre, viele Jahre verantwortlicher Regionalbeauftragter Bayern für den IBKA, ehemaliger langjähriger Vorsitzender des bfg Bayern, zeitweise Vorsitzender des bfg München (und dort seit Jahren langjähriges Ehrenmitglied), Unterstützer des hpd und schließlich Beirat und Stifter in der Giordano-Bruno-Stiftung. Ein säkulares Urgestein also – und als bayerischer Schwabe gleichermaßen mit schwäbisch-kleinlicher Pedanterie einerseits und bayerischer Renitenz gegenüber Obrigkeiten andererseits ausgestattet; eine wirkungsvolle Mischung im Einsatz für ein hohes politisches Ziel, die Trennung von Staat und Kirche in Deutschland.

    Sein säkulares Steckenpferd war vor allem das Thema “Die Kirche und ihr Geld”, das er – wie auch damals der ehemalige Priester, Soziologie-Professor und Kirchenkritiker Horst Herrmann – sehr früh als das zentrale Thema der Geistesfreiheit erkannte, um die diesbezüglich ahnungslose deutsche Bevölkerung über die staatliche Finanzierung der nicht immer segensreichen Aktivitäten der beiden deutschen Großkirchen aufzuklären und sie über diese Erkenntnis zum notwendigen Kirchenaustritt zu bewegen.

    Vor allen Dingen auf diese Art und Weise – so die einleuchtende Logik des organisierten Schachmeisters Rampp – musste die politische Forderung nach Trennung von Staat und Kirche zwangsläufig das zur realen Umsetzung notwendige Gewicht gewinnen. Diese Überzeugung hat der Stratege in ihm nie aufgegeben, auch wenn die Anzahl der Kirchenaustritte über die vielen Jahre – nicht zuletzt wegen der unfassbaren Meldungen kirchlichen Missbrauchs von insbesondere Kindern und Jugendlichen – immer beeindruckender geworden ist, doch im Gegensatz dazu die tatsächliche Trennung von Staat und Kirche nach wie vor in weiter Ferne war und ist. Unabhängig davon war und blieb sein Einsatz auf diesem Gebiet unermüdlich.

    Es hat ihm als Staatsdiener zu keinem Zeitpunkt an außerordentlichem Mut gefehlt. Jahrzehntelang hat er weder beruflich noch privat – auch außerhalb Bayerns – bei irgendwem Zweifel an seiner säkularen Geisteshaltung aufkommen lassen, was insbesondere in Staatsdiensten in Bayern vor Jahrzehnten kaum besonders gut angesehen gewesen sein dürfte, deutlich weniger noch als heute. Mehr als die allermeisten der organisierten Säkularen scheute er keine öffentliche Diskussion in Sachen Trennung von Staat und Kirche, schrieb unermüdlich einschlägige Leserbriefe unter eigenem Namen (die zahlreich veröffentlicht wurden) und war sicherlich (in der Regel zusammen mit Monika Rampp) auf nahezu allen Treffen der säkularen Szene vor Ort mit dabei.

    Ausdauer, Fleiß und Mut

    Die Grundlage seiner Öffentlichkeitsarbeit war einerseits sein berechtigtes Vertrauen in die selbst erworbene hohe Sachkenntnis des Themas und andererseits sein darauf fußendes unerschütterliches Selbstbewusstsein und der von ihm berufsbedingt praktizierte Redestil…Lehrer, der er halt zeitlebens war. Das zunehmende Presseinteresse gegenüber säkularen Themen brachte über die Jahre andere Mitstreiter mehr in die Zeitungen, Rundfunkanstalten und Fernsehsender als ihn selbst, doch die meisten von ihnen waren sich wohl im Klaren darüber, dass viel von dem, was sie öffentlich machten, auf der Arbeit gerade auch von Gerhard Rampp fußte. Er war und blieb der geachtete Vielarbeiter im Weinberg der Geistesfreiheit.

    Über den Einsatz in Sachen Trennung von Staat und Kirche fühlte er sich als Verfechter von Geistesfreiheit und Selbstbestimmung politisch vertreten von – über die Jahre – unterschiedlichen Parteien. Aus seiner politischen Haltung jenseits der Trennung von Staat und Kirche hat er ebenfalls nie ein Hehl gemacht und entsprechende Wahlempfehlungen in säkularen Kreisen – gerne auch ungebeten – weitergegeben. Als Vorsitzender des bfg München irgendwann Anfang der 1990er Jahre hielt er lediglich die CSU als für säkulare Menschen unter keinen Umständen wählbar. Vor diesem Hintergrund verwundert es dann natürlich doch, dass er als bereits pensionierter Gymnasiallehrer Mitglied im Ring Christlich-Demokratischer Studenten an der Universität Bayreuth geworden ist. Welche Beweggründe auch immer der Schachspieler Rampp dafür hatte, so waren sie vermutlich strategischer Natur; mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hat er seine säkularen Ideale dafür nicht verraten.

    Über die Jahrzehnte waren wir regelmäßig in Kontakt, haben uns getroffen, ausgetauscht und durchaus heftig und anhaltend gestritten. Nicht immer hätte man in diesem Zusammenhang von einer wunderbaren Freundschaft sprechen können, und das haben wir auch beide nie getan. Doch über diese Jahrzehnte gewachsen und geblieben ist die jeweilige Achtung vor der Leistung des anderen. In meinem Fall ist es die Achtung seiner Ausdauer und seines außerordentlichen Fleißes für das gemeinsame Anliegen, aber vielleicht noch mehr die Achtung seines ebenso außerordentlichen Mutes. Die Umsetzung der Trennung von Staat und Kirche in Deutschland wäre deutlich weiter, hätte eine große Anzahl säkularer Menschen auch nur einen Bruchteil der Courage, die er hatte.

    Am Karfreitag dieses Jahres habe ich mich mit ihm, seinen engen Vertrauten aus dem bfg Augsburg und zwei weiteren Weggefährten der säkularen Szene in unserer Kulturbühne Hinterhalt aus Anlass der dort stattfindenden “Stille-Tage-Tanzveranstaltung” mit Live-Musik getroffen und viel diskutiert nach Jahren der diesbezüglichen Zurückhaltung auf beiden Seiten. Es war ein anregender, informativer und auch unterhaltsamer Nachmittag und Abend, von dem sich alle Beteiligten eine zeitnahe Fortsetzung wünschten. Nicht absehbar war, dass es dazu nicht mehr kommen würde (…).

    Was mir und uns bleibt ist die Erinnerung an einen streitbaren, engagierten und mutigen säkularen Weggefährten, von dessen Sorte gerne mehrere engagiert mit uns für eine säkulare Gesellschaft tätig sein dürften. Und dem ich persönlich, aber wohl die säkularen Aktivisten insgesamt, daher zu besonderem Dank verpflichtet bin. Die kindliche Vorstellung, er würde jetzt irgendwo da draußen im Universum auf so Etwas wie einer Wolke sitzen und – anstatt “Hallelujah” zu singen wie seinerzeit der Dienstmann Aloisius Hingerl (“Ein Münchner im Himmel”) – an wen auch immer gerichtet die aktuellen Kirchenaustrittszahlen dozieren, die hat durchaus etwas Tröstliches…

    Assunta Tammelleo, Dr. Michael Geyer, Heiko Gerdes, Dietmar Freitsmiedl, Wolfram P. Kastner, Andreas Kielmann, Deborah Maget, Richard Meinl, Wolf Steinberger

    Redaktioneller Hinweis der Autorin: Dieser Nachruf ist aus Gründen der besseren Lesbarkeit nicht gegendert. Die Entscheidung dafür ist unabhängig von den Erlässen und Verfügungen der amtierenden bayerischen Staatsregierung gefallen.

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